Pressestimmen zum Männerchor Frohsinn Lahnstein



Rhein-Lahn-Zeitung vom 25.08.2016

Serenade voller Schwung und Nostalgie

Konzert Männerchor Frohsinn Lahnstein lud zum 35. Mal ins Martinsschloss ein
Von unserer Mitarbeiterin Ulrike Bletzer

Lahnstein. Da soll noch mal einer behaupten, Männerchöre kämen per se altbacken und steif daher. Dass dem mitnichten so ist, bewies der Männerchor Frohsinn Lahnstein erst jüngst bei seiner Serenade wieder. In legerer Alltags-, statt wie sonst in Chorkleidung gingen die Sänger im Innenhof des Martinsschlosses in die 35. Runde dieser Traditionsveranstaltung, die zugleich auch eine Premiere war: Erstmals begrüßte Bernd Geil als neuer Vorsitzender die Zuhörer - und lobte umgehend seinen Vorgänger Günter Sporenberg, der die Truppe insgesamt 24 Jahre lang geradezu vorbildlich geführt habe: "Deshalb darf er nachher auch moderieren."

Was der Ex- und Ehrenvorsitzende denn auch ebenso kenntnisreich wie kurzweilig tat. Wer beispielsweise bis dato noch nicht wusste, was es mit Udo Jürgens "Bademantelmythos" auf sich hat und aus welchem konkreten Anlass heraus im Jahr 1880 die italienische Tarantella "Funiculi, Funicula" entstand - hier konnte er es erfahren. Man sieht es schon: Ein gleichermaßen modernes wie nostalgisch angehauchtes, auf jeden Fall aber schwungvolles Repertoire hatten die Frohsinnler im Gepäck. Im Mittelpunkt: das Schlagergenre, das mit drei Megahits des 2014 verstorbenen Altmeisters Udo Jürgens den Einstieg in diesen ebenso unterhaltsamen wie musikalisch überzeugenden Abend schuf. Ob es Jürgens‘ melancholisch geprägtes Grand-Prix-d’Eurovision-Siegerchanson von 1966, "Merci chérie", das ARD-Fernsehlotterielied "Zeig mir den Platz an der Sonne" von 1971 oder die 1976 erschienene Konditorei-Hymne "Aber bitte mit Sahne" war - mit ihrem ausdrucksstarken, äußerst harmonischen, aber bei aller Homogenität niemals farblos anmutenden Gesang verstanden es die 26 Frohsinnler mühelos, den musikalischen Geist jener Jahre ins Hier und Jetzt zu transportieren.

Fast überflüssig zu erwähnen, dass Chorleiter Franz Rudolf Stein, der in Personalunion als Dirigent und begleitender Pianist fungierte, seine Sänger in gewohnt brillanter Manier führte. Aber nicht nur das: Er hatte mit Sebastian Drue, dem Gründer und Leadsänger der Rockbuster-Gewinnerband Corona in the Pipebag auch den diesjährigen Gastsolisten an Land gezogen: Der 19-Jährige, der gerade erst am Bad Emser Goethe-Gymnasium sein Abitur gemacht hat, zählt zu Steins Musikschülern - und setzte im Martinsschloss einen reizvollen Kontrapunkt zu den Oldies und Evergreens des Traditionschors. Von Bandkollege Jonas Kaffine an der Technik unterstützt, legte der Nachwuchssänger und -gitarrist den Schwerpunkt seiner beiden Auftritte auf das Singer-Songwriter-Genre. Uraufführung inklusive: Zum ersten Mal brachte Drue an diesem Abend vor Publikum das selbst komponierte und getextete, wunderschöne Liebeslied "Frühlingswetter" zu Gehör. Anspruchsvolle, zum genauen Hinhören und Nachspüren anregende Texte im Verbund mit einer ebenso expressiven wie feinsinnigen Musik - das war die Rezeptur, nach der auch die anderen Beiträge des Gastsolisten gemixt waren. Von der schwäbischen Popgruppe Pur hatte Drue gleich zwei Lieder im Repertoire, darunter das wehmütige "Wenn sie diesen Tango hört", das sich um die zerplatzten Träume der Wirtschaftswunder-Generation dreht. Dieser Song sei schon in seiner Kindheit eines seiner Lieblingslieder gewesen, erzählte der 19-Jährige und fügte mit todernster Miene hinzu: "Jetzt, wo ich älter werde, verstehe ich auch besser, warum."

Besonders hoch im Kurs stand an diesem Abend übrigens das Mittun und Mitsingen. Sebastian Drue bemühte dazu die 2007 aufgelöste Alpenrockgruppe Schürzenjäger mit ihrem Hit "Sierra Madre", dessen eingängiger, schlicht gehaltener Refrain zum Aktivieren und Animieren der Zuhörerschaft geradezu prädestiniert schien. Ein Song übrigens, der exemplarisch die große stimmliche Bandbreite des Interpreten zum Ausdruck brachte: Drue sang wechselweise in sehr tiefer und extrem hoher Stimmlage, was zu einer Art Zwiegesang oder Duett mit sich selbst geriet.

Die Frohsinnler ihrerseits griffen in puncto Einbeziehen des Publikums auf das traditionelle offene Singen zum Abschluss ihrer Sommerserenade zurück. Nicht ohne vorher noch einen kleinen, feinen Querschnitt aus ihrem Repertoire zu bieten, natürlich: Die deutschsprachige Version von Simon and Garfunkels unsterblichem "Bridge over Troubled Water" oder den laut Moderator mit einem für Männerchöre schwierigen "Damm-Damm-Rhythmus" gesegneten Drafi-Deutscher-Schmachtfetzen "Marmor, Stein und Eisen bricht" hatten sie zum Beispiel auf Lager - und bewiesen mit ihrer auf hohem technischem Niveau agierenden und zugleich sehr feinfühligen, individuellen Darbietung, dass sie in nahezu jeder Sparte zu Hause sind. Und nicht nur das: Dass unter den seriösen Herren offensichtlich einige schauspielerische Talente schlummern, bewiesen der Vorsitzende und der stellvertretende Pressereferent beim Comedian-Harmonists-Song "Lass mich dein Badewasser schlürfen". Urkomisch sah es aus, wie "Verehrer" Bernd Geil um seine in einem rosaroten Ungetüm steckende "Angebetete" namens Michael Eisenbarth herumscharwenzelte. Gegen Ende würzte dann noch ein Schuss Lokalkolorit die Serenade: Der Frohsinn münzte den Bläck-Fööss-Song "Dat Wasser von Kölle" auf "Dat Wasser von Lohnschte" um - und meinte mit dem Wasser natürlich das Bier, das beim anschließenden geselligen Beisammensein im Schlosshof floss.


Der Männerchor Frohsinn Lahnstein begeisterte auch mit der 35. Auflage seiner traditionsreichen Serenade im Innenhof des Martinsschlosses. Foto: Bletzer